Tennissaiten - 1. Teil: Mythen und Sagen


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Jeder Teil der Tennisausrüstung hat einen unumstrittenen Einfluss auf die Leistung. Ohne qualitativ hochwertige Schuhe könnten wir uns auf dem Tennisplatz nicht richtig bewegen. Ein herkömmliches T-Shirt aus Baumwolle wäre nach dem ersten Schwitzen unangenehm kalt und die falsche Wahl des Tennisschlägers kann nicht nur ein miserables Niveau der Schläge, sondern auch Verletzungen zur Folge haben. Aber wie steht es um die Tennissaiten?

Ohne zu zögern sage ich, dass die Tennissaite, zusammen mit dem Tennisschläger die wichtigste Ausrüstung ist. Im ersten Kapitel der neuen Serie über Tennissaiten werden wir die Grundbegriffe erläutern, die Ihnen verständlich machen, warum die Besaitung so wichtig ist und warum Sie es auf keinen Fall unterschätzen sollten.

Grundsätzlich gilt, je erfahrener der Spieler, desto größeren Einfluss hat die Tennissaite auf die Leistung. Falls Sie auf einem Amateur-Niveau mit einem Trainingspensum von einer Stunde pro Woche spielen, ist es völlig überflüssig Ihren Tennisschläger mit teurer Naturdarmsaite besaiten zu lassen. Allerdings ist es ebenfalls kontraproduktiv sich mit der Besaitung gar nicht zu befassen.

Unter meinen Schülern auf dem Amateur-Niveau befinden sich solche, die ihre Tennissaite bereits seit einem Jahr in dem Tennisschläger haben. Manche schaffen es sogar einige Jahre mit der Saite zu spielen, die mit dem Tennisschläger geliefert worden ist.

Falls Sie einmal im Monat spielen gehen, werden Sie sich um die Besaitung eher weniger kümmern, aber es ist nie verkehrt ein paar Grundinformationen zu haben. Und vielleicht bekommen Sie mal dadurch wieder Lust ein bisschen mehr zu Spielen. Nicht wenige Tennisspieler haben es sich zu eigenem Hobby gemacht verschiedenen neuen Tennissaiten, Durchmesser und Bespannungskräfte zu testen und es wirkt wie eine Droge auf sie.

Mythos Nr. 1 - Der Tausch der Saite hat Zeit genug

Die Tennissaite sollte man tauschen, sobald man Abweichungen vom Normalverhalten spürt. Was bedeutet das in der Praxis? Die Bälle fliegen, ohne größerer Anstrengung, viel weiter. Oder umgekehrt, der Ball fliegt nicht, weil die Besaitung merkwürdig schlapp gemacht hat. Das Spiel verliert die Präzision und Ausgewogenheit. Daran ist die Beschädigung der Besaitung, oder der Spannungsverlust schuld, der praktisch sofort nach dem Besaiten eintritt.

Man sagt, dass die Besaitung bis zu 10% ihrer ursprünglichen Spannung innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Besaiten verlieren kann. In manchen Fällen kann somit die Spannung auch um einige Kilogramm in den ersten Tagen fallen. Der Ausdruck „ich habe es wie ein Kanapee“ trifft es ziemlich genau.

Falls Sie immer die gleiche Leistung bringen wollen, oder sich sogar verbessern wollen, dann ist es ratsam eine degradierte Besaitung ohne mit der Wimper zu zucken rauszuschneiden. Und das auch in dem Fall, dass sie noch einige Wochen halten könnte.

Die gefühlte Veränderung, kann man auch mit einer physischen Kontrolle ergänzen. Dazu verschieben Sie die mittlere kurze Saite und kontrollieren visuell, wie tief die Rille auf den langen Saiten in der Nähe der Mitte ist. Diese Rille entsteht durch die Reibung und ist ein zusätzliches Signal für den Tausch der Saite. Sobald die Rille ungefähr bis zur Hälfte der Saite reicht, ist die Besaitung am Ende und gibt bald nach.

Bei einer Multifasersaite ist die visuelle Kontrolle noch einfacher, da die Seite anfängt auszufransen. Deswegen ist es ratsam, so eine Besaitung z. B. vor einem Turnier präventiv auszutauschen, bevor Sie im dritten Set bei 5:5 unangenehme Überraschung erleben.

 

So sieht es aus, wenn die Besaitung anfängt auszufransen.

Falls Sie einen Ersatzschläger haben, ist es günstig immer einen mit einer frischen Besaitung zu haben und die Schläger nicht nach Lust und Laune zu wechseln. Es besteht die Gefahr, dass Sie den Überblick verlieren, wie viel Sie mit welchem Schläger gespielt haben und die so entstehende Unsicherheit wäre im Turnier, bei dem Sie kühlen Kopf bewahren müssen, eher kontraproduktiv.

Mythos Nr. 2 - Je härter, umso besser

Viele Amateure, auch auf einem fortgeschrittenen Niveau, haben keine Ahnung mit welchem Zuggewicht ihr Tennisschläger bespannt ist. Es ist sehr Schade. Durch die falsche Wahl des Zuggewichtes, kann es nämlich zu einer Abwertung des Materials der ansonsten qualitativ hochwertigen Saite kommen. Verstehen Sie nur noch Bahnhof? Dann passen Sie gut auf. Die Saite muss mit einer Abweichung von 1 Kg zwischen den langen und kurzen Saiten bespannt werden.

In der Praxis bedeutet es, dass die langen Saiten standardmäßig um 1 Kg mehr Zuggewicht, als die kurzen bekommen. Dies geschieht, damit der Schlägerkopf nicht deformiert wird und die Spannung der Saiten konsistent wird. Falls Sie aber unterschiedlichen Durchmesser der langen und kurzen Saiten benutzen, wie z. B. bei einer Hybridbesaitung, können Sie diese Regel nicht mehr anwenden.

Ein erfahrener Besaiter hat natürlich dieses Know-How und es ist eher unwahrscheinlich, dass er Ihnen das Spiel durch einen fatalen Fehler kaputt macht. Dennoch habe ich auch einige Besaiter getroffen, die sehr wahrscheinlich etwas falsch gemacht haben, da die Saiten merkwürdig schnell kaputt gegangen sind und haben sie Spannung nicht so gehalten, wie ich es erwartet habe.

Die Besaitung ist nämlich eine Wissenschaft für sich und das kann man nicht auf die Schnelle in ein paar Monaten lernen. Deswegen ist es besser sich einen erfahrenen Besaiter mit einer jahrelangen Erfahrung zu suchen, der Ihnen empfohlen wird und nicht Ihren Tennisschläger dem nächstbesten anzuvertrauen, der sich Ihnen anbietet und den niedrigsten Preis hat.

Besaitung der Tennisschläger.

Das Zuggewicht ist genauso ein heikles Thema wie die richtige Wahl der Tennissaite. Ich persönlich habe die meiste Zeit meines Tennislebens mit einem Zuggewicht von 25/24 Kg gespielt. Dies ist meiner Meinung nach, der goldene Mittelweg, von dem man ausgehen kann.

Grundsätzlich gilt, je weicher die Besaitung, umso längere und schnellere Schläge generiert Sie. Der Nachteil ist weniger Gefühl und ein allgemeiner Verlust der Kontrolle. Härtere Besaitung nutzen vor allem Profis, die selber ausreichend Energie generieren können. Sie brauchen eine Besaitung, die die empfangene Energie bändigen kann und eine präzise Platzierung des Balls ermöglicht. Der Nachteil der harten Besaitung ist eine hohe Belastung für den Arm und für die Saiten.

Das A und O ist dann die richtige Kombination vom Zuggewicht und verwendeter Tennissaite. Man muss einfach ein bisschen experimentieren und dafür ein paar Euro in die Hand nehmen. Das für Ihren Tennisschläger empfohlenes Zuggewicht, besser gesagt den empfohlenen Intervall, finden Sie auf dem Rahmen. Gleichzeitig ist es gut, die Verteilung der Saiten in dem Schläger zu kennen.

Falls die Besaitungsdichte niedriger ist, z. B. 16 lange Saiten auf 19 kurze Saiten, ist die Besaitung von Haus aus flexibler und so wird ein höheres Zuggewicht gewählt. Falls Sie eine dichtere Variante 18x20 besitzen, können Sie das Zuggewicht verringern und sogar noch 1 Kg - 2 Kg weniger nehmen.

Auch die Kopfgröße des Schlägers, die Oberfläche auf der Sie spielen, die Tennisbälle mit denen Sie spielen, die Luftfeuchtigkeit, sowie die Höhe über dem Meeresspiegel spielen eine Rolle. Aber da bewegen wir uns bereits in Details, die man auf dem Profi-Niveau berücksichtigt.

Mythos Nr. 3 - Je teurer, umso besser

Der Preisschild ist oft ein Parameter, mit dem die Spieler angeben ohne eine Ahnung von den Tennissaiten zu haben. Für Amateure macht eine teure Tennissaite nur dann Sinn, wenn sie Probleme mit dem Tennisarm haben und eine spezifische Tennissaite benötigen, die die Schmerzen verhindern kann. Es heißt aber lange nicht, dass eine teure Tennissaite für Sie gleichzeitig auch die beste ist.

Z. B. harte Tennissaiten aus Polyester, die den Markt dominieren, sind für fortgeschrittene, erfahrene und Turnierspieler geeignet. Der Preis bewegt sich zwischen ein paar Euro, bis über Hundert Euro, je nachdem, welche Technologien verwendet worden sind und welche Marke Sie kaufen. Eine detaillierte Aufteilung der Tennissaiten nehmen wir uns in einem weiteren Teil dieser Serie vor. Für den Anfang reicht es zu wissen, dass auch eine teure Tennissaite kontraproduktiv sein kann und andersherum auch eine günstige Tennisseite sehr gute Dienste leisten kann.

Lassen Sie sich deswegen bei der Wahl der Tennissaite auf jeden Fall von einem Profi beraten. Und falls Sie keinen haben, lesen Sie wenigstens sorgfältig die Texte bei den einzelnen Produkten. Dem Besaiter, der für Sie die Auswahl der Tennissaite übernimmt, sollten Sie Informationen zu Ihrem Spielstil, der Trainingsfrequenz und Dauer, Ihrer körperlichen Verfassung und natürlich auch zu Ihrem Budget liefern.

Finden Sie immer einen professionellen Besaiter.

Die Besaitung können Sie natürlich auch selbst nach Ihrer Intuition wählen. Die Hersteller teilen Ihre Saiten oft in verschiedene Reihen und Kategorien wie comfort, Kraft / Rasanz oder Kontrolle. Aufgrund dieser Informationen können Sie sich entscheiden, welcher Tennissaite Sie eine Chance geben wollen. Dies ist für den Anfang ein ziemlich guter Leitfaden und wenn Sie den Herstellerinformationen ausreichend Aufmerksamkeit schenken, werden Sie am meisten ein gutes Ergebnis erzielen.

Mythos Nr. 4 - Je dicker, umso besser

Die am meisten verwendete Durchmesser der Tennissaiten bewegen sich zwischen 1,20 mm bis zu 1,35 mm. Es gibt auch noch dünnere, sowie dickere, die sind aber nicht so gängig. Unter den Amateurspielern werden, aus ökonomischen Gründen, oft Saiten mit größerem Durchmesser verwendet. Das ist logisch - eine dickere Saite hält länger. Allerdings kommen wir dadurch, dass die Saite länger hält, in die Situation, die ich bereits vorher erwähnt habe.

Die alte Besaitung verliert die Spannung und die Eigenschaften, was zu einem schlechteren Spielgefühl führt. Im Gegensatz dazu haben dünnere Saiten unbestreitbare Vorteile. So eine Tennissaite ist nämlich armschonender und die Bälle fliegen weiter. Gleichzeitig gewinnen Sie ein besseres Gefühl und Sie können ein höheres Zuggewicht verwenden und somit die Leistung der Besaitung Ihren Bedürfnissen anpassen. Der einzige Nachteil ist die Haltbarkeit und schnellerer Spannungsverlust.

Die Wahl eines geeignetes Durchmessers hängt von einer ganzen Reihe Faktoren ab. Ich habe einen Freund, der es schafft jede Besaitung innerhalb von 4 Stunden kaputt zu spielen. Es ist ein Kraftspieler mit außergewöhnlichen Spin-Schlägen. Er spielt jeden Schlag auf 100% und erholt sich nicht mit irgendwelchen nur so einfach zurückgespielten Bällen. In diesem Fall lohnt es sich auf jeden Fall auf dickere Tennissaiten zurückzugreifen.

Genauso günstig ist es eine dickere Saite z. B. bei Multifaser zu wählen. Hier hätte ich keine Angst auch die 1,35 mm Variante zu wählen, damit sie etwas aushält. Am besten ist es einige Varianten und Kombinationen auszuprobieren und dann den Preis-Leistungs-Verhältnis auszuwerten. Ich persönlich wähle schon seit Jahren immer den goldenen Mittelweg, den Durchmesser von 1,25 mm, oder bei einigen neueren Tennissaiten 1,28 mm.

Welche Tennissaite sollte man also nehmen?

Das ist eine Frage, auf die Sie sich vor allem selbst beantworten müssen. Es gibt allgemeine Regeln und Anleitungen, welche Tennissaite für welche Spieler geeignet ist.

Grundsätzlich gilt, für Anfänger und Kinder sollte man armschonende Tennissaiten wählen. Verschiedene Multifaser, sowie sehr weiche Polyester-Varianten oder Hybridbesaitungen, bei denen zwei Saiten-Typen kombiniert werden. Gleichzeitig wählen wir geringere Durchmesser, z. B. 1,20 mm. Besaitet wird mit niedrigerem Zuggewicht z. B. zwischen 18-23 Kg.

Erfahrene Spieler auf einem Klubniveau wählen üblicherweise Monofaser Tennissaiten mit einem Durchmesser von 1,20-1,36 mm und besaiten mit einem Zuggewicht von 23-27 Kg. In der letzten Zeit haben sich auch ultraweiche Tennissaiten verbreitet und ich persönlich kenne auch Spieler, die unter 20 Kg besaiten. Sogar unter den Profis gibt es einige, die den Schläger wie ein Kanapee besaiten. Kurz gesagt, jedem das Seine.

Zum Schluss des ersten Teils über Tennissaiten gebe ich Ihnen das wichtigste mit auf den Weg - trauen Sie sich zu experimentieren. Je mehrere Varianten der Tennissaiten, Durchmesser und Zuggewichten Sie ausprobieren, umso besser. Deswegen ist es gut keine 200m Rollen zu kaufen, sondern mehrere Arten auszuprobieren. Spielen Sie nicht auf Nummer sicher. Riskieren Sie, damit Sie erfahren, was in der Saite drinsteckt.

Auf eine Art kann dieses Entdecken und Experimentieren mit Tennissaiten ein weiteres Teilchen für die Mosaik Ihrer Tennisbegeisterung sein. Es ist genauso wie beim probieren neuer Schokoladensorten. Und mit diesen Worten möchte ich mich gerne verabschieden. Tennis ist wie eine Schachtel mit Pralinen. Du weißt nie, welche Besaitung besser ist, als die mit der Du gerade spielst, solange Du sie nicht ausprobierst.

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